Softwareentwicklung in Indien: Worauf gilt es zu achten
Softwareentwicklung in Indien: Worauf gilt es zu achten
Agenturen, KMUs und Konzerne nutzen bereits die Vorteile von global arbeitenden Teams. Indien ist ein starker Partner, wenn es um IT-Lösungen geht. Softwareentwicklung gehört zum indischen Know how.
Sie lassen Software in Indien entwickeln?
Dann sollten Sie diese Aspekte berücksichtigen:
- Kultur
- Qualitätsverständnis
- Kommunikation
- Technik
- Leistungsstärke der Programmierer
Kulturelle Unterschiede
Heutzutage wirken alle Menschen geradezu gleich. Alle nutzen WhatsApp, Facebook und Youtube. Essen bei McDonalds, Burger King und Dominos Pizza. Schauen sich amerikanische Serien und Filme an. Lernen an den Schulen und Universitäten teilweise bis komplett auf Englisch und haben Freunde auf der ganzen Welt. Da sind Deutschland und Indien nicht sehr verschieden.
Dennoch: Kulturell unterscheiden sich diese beiden Regionen ziemlich. Bitte gehen Sie nicht davon aus, dass alles gleich ist. Nur weil die gleichen Surf- oder Essensgewohnheiten vorhanden sind.
Zum Beispiel: Inder kommunizieren eher indirekt und klammern Schwierigkeiten gerne aus. Wenn jemand aus Deutschland nun ein Problem direkt anspricht, kann das bereits zu unterschiedlichen Meinungen führen. Ein interkulturelles Training hilft Ihnen dabei, besser vorbereitet zu sein und zu wissen, was in dieser Situation zu tun ist.
Unterschiedliche Auffassung von Qualität
Wer schon mal einen indischen Lebenslauf gesehen hat, weiß: Der sieht ganz anders aus und ist relativ schnell erstellt. In Deutschland würde sich ein Kandidat mehrere Stunden oder sogar Tage hinsetzen, um einen detaillierten, aussagekräftigen und erstklassigen Lebenslauf zu erstellen. In Deutschland zählt eben Qualität! Alles soll optimal sein. Bestleistung eben!
Indien tickt da anders. Bitte denken Sie daran, wenn Sie Arbeitsaufgaben, besonders an unerfahrene indische Kollegen, delegieren. Falls diese nicht genauestens beschrieben sind, werden sie schnell und in geringer Qualität ausgeführt.
Ein Tipp für Sie
Besonders bei jüngeren Arbeitskolleg_innen in Indien sollten Sie genaue Anweisungen geben, was verlangt wird. In manchen Fällen braucht es einfach ein paar Wochen und Monate, bis der Mitarbeiter verstanden hat, welche Arbeitskultur und welche Qualitätsstandards erwartet werden. Gleichzeitig ist es sinnvoll, ihm einen erfahrenen Experten an die Seite zu stellen, so dass er lernen kann.
Zum Beispiel: Weisen Sie ausdrücklich darauf hin, dass eine Softwaredokumentation vorgenommen wird. Planen Sie die Architektur der Software vorher mit dem Senior Entwickler. Besonders periphere Bereiche wie die Dokumentation werden oftmals übersprungen, wenn man nicht extra darauf hinweist.
Kommunikation richtig handhaben
In Deutschland gibt es die Tendenz, lange und ausführliche Antworten auf Fragen zu geben. In Indien hält man sich kurz. Besonders im Bewerbungsgespräch oder in Situationen, in denen der Boss oder höher gestellte Mitarbeiter anwesend sind. Auf lange Fragen aus Deutschland wird dann mit einem kurzen „Yes“ oder „No“ geantwortet.
Gehen Sie so vor und stellen Sie
- offene Fragen, z.B. „Erzählen Sie etwas über sich…“
- spezifische Fragen: „Was haben Sie in Ihrer letzten Stelle bei der Firma XY genau gemacht?“
- viele Fragen, um die unterschiedlichen Themenfelder genau abzuklopfen.
Es empfiehlt sich, einen Mix aus schriftlicher und gesprochener Kommunikation zu haben.
Zum Beispiel: Bitten Sie die Entwickler, die Fragen auch via Email oder Chatprogramm zu stellen. Dann haben beide Seiten die Möglichkeit, sich auch noch später auf diese Punkte zu beziehen. Mit der Zeit schaffen Sie so eine „Notizkultur“.
Diese ist für indische Kollegen eher ungewohnt, weil es in Indien eher selten ist, Notizblöcke zu Meetings mitzubringen und diese als Gedankenstütze zu benutzen. Das bringt Probleme mit sich. So bleiben von 10 besprochenen Punkten oft nur 2 oder 3 in Erinnerung.
Fordern Sie deshalb Ihre Mitarbeiter auf, sich Notizen zu machen und bitten Sie nach den einzelnen Punkten um eine Zusammenfassung. So stellen Sie sicher, dass alle auf dem gleichen Stand sind.
Stärker in der Backend Softwareentwicklung als im Bereich Frontend
Indien hat sich besonders in der Backend Softwareentwicklung einen Namen gemacht. Wenn es um schöne Frontends mit Berücksichtigung von UX (User Experience Design, neudeutsch für Nutzererlebnis), UI (User Interface Design = Oberflächendesign) oder Usability (einfache Benutzerführung) geht, dann ist das in Indien bereits schwieriger zu erhalten.
Es gibt jedoch viele Web Designer, die gut mit HTML, CSS und JavaScript (Frontend Technologien) arbeiten können. Von daher ist eine Arbeitsteilung empfehlenswert. Ganz konkret heißt das: Das Team in Deutschland übernimmt die designtechnischen Arbeiten, das Team in Indien den Backend Bereich der Software.
Generelle Technologien sind in Indien einfach zu finden
Technologien wie PHP und ASP.NET sind in Indien weit verbreitet. Dagegen sind starke Spezialisierungen wie Xamarin (Technologie für die Cross Mobile App Entwicklung), Node.JS (moderne Webtechnologie) und ähnliche eher schwer zu finden. Hier müssen die jeweiligen Fachkräfte eingestellt oder speziell trainiert werden, wenn man tatsächlich größere Teams in diesen Bereichen haben möchte.
Welche Entwickler sind verfügbar?
- Einfach: PHP, ASP.NET, PHP Frameworks (Laravel, Zend, YII), Frontendtechnologien wie HTML, CSS, JavaScript, WordPress, Drupal, Android, iOS
- Mittel: Magento, TYPO3, Java (Web), Xamarin, PhoneGap, C++
- Schwer: Shopware, OXID, Desktopapplikations-Software, Embedded Programmierung
Damit Softwareentwicklung in Indien richtig gut klappt,
- sollten Sie im deutschen Teil des Teams jemanden haben, der den gelieferten Softwarecode genau prüft. Nur dann können Fehler aufgezeigt und Korrekturen vorgenommen werden. Darauf zu hoffen, dass die indischen Entwickler bereits die richtigen Ansätze haben, ist nicht empfehlenswert. Nur bei entsprechend qualifizierten Senior Entwicklern mit mehr als 8 Jahren Berufserfahrung können Sie das so handhaben.
- achten Sie bitte bei deutschen und indischen Mitarbeitenden auf entsprechende Englischkenntnisse. Es braucht ein wenig Zeit, bis sich beide Seiten an die jeweilige Aussprache gewöhnt haben.
Fazit
Softwareentwicklung in Indien wird ein immer wichtigeres Thema. Allein schon deshalb, weil die Digitalisierung fortschreitet und Programmierer stark nachgefragt sind.
Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Schreiben Sie einen Kommentar!
Gastautor: Sascha Thattil arbeitet bei YUHIRO und hilft Unternehmern und Unternehmen beim einfachen Aufbau von Programmier-Teams in Indien. YUHIRO ist ein deutsch-indisches Unternehmen, das IT Firmen, Agenturen und IT Abteilungen Softwareentwickler zur Verfügung stellt.