Weingenuss in Indien: Start-ups präsentieren ihre ersten Erfolge
Weingenuss in Indien: Start-ups präsentieren ihre ersten Erfolge
Ende August 2017: Mittagessen in einem netten Lokal in Amritsar. Draußen hat es 32 Grad, monsunschwül drückendes Klima. Wir nehmen am Tisch Platz. Zwei Flaschen Wein stehen bereit. Eine weiß, die andere rot. Umgerechnet 20 Euro das Stück. Ich bin überrascht, was sich doch so alles tut. Denn noch vor Kurzem war es in Indien ganz und gar ungewöhnlich, Wein zu bestellen.
Softdrinks waren und sind nach wie vor die Nummer eins. Wenn Alkohol, dann Hochprozentiges. Allen voran Whisky. Davon konsumiert Indien weltweit am meisten. Eine Kultur des Weintrinkens hingegen hat Indien bislang nicht so richtig entwickelt. Doch das ändert sich jetzt. Der Weingenuss etabliert sich in Indien.
Ein paar mutige Start-ups gibt es, die in Indiens sonnigen Lagen Weinbau betreiben.
Krishna Prasad Chigurupati gründete zusammen mit seiner Frau „Krsma Estates“. Dazu kauften sie ganz in der Nähe der alten Tempelstadt Hampi, die zum Unesco-Weltkulturerbe zählt, 170 Ac Land und pflanzten 2008 die Rebstöcke. 2011 konnten sie die ersten Trauben ernten. Mit ihrem Cabernet Sauvignon – die Flasche für 1500 Rs (knapp über 20.- €) – starteten sie in den Markt. 80.000 Liter pro Jahr ist die derzeitige Kapazität bei 30 ac kultivierter Anbaufläche.
Durch Messwein auf den Geschmack gekommen
Doch wie kam er überhaupt zum Wein? Das ist eine interessante Geschichte: „Als ich 17 war brachte mich unser Bischof auf den Geschmack. Der hatte italienischen Wein und wusste viel über seine Herstellung zu erzählen“, sagt er lachend. „Seither liebe ich den Wein und habe viel experimentiert. Sogar in leeren Bierflaschen habe ich die Trauben gären lassen. Unser Ziel ist es, erstklassige Qualitätsweine herzustellen, die unseren Geschmack und unseren Charakter zum Ausdruck bringen.“
Weingenuss bedeutet Qualität pur – dieses Ziel hat er mit vier weiteren Start-ups in der Weinszene gemeinsam: Fratelli Wines aus Solapur, Maharashtra, Alpine Wineries in der Nähe von Mysore, SDU Winery und ABS Vinters, beide in der Nähe von Bangalore.
Exquisit und charaktervoll
Um Qualität zu bekommen, setzen alle Weinbauern auf den eigenen Anbau. „Trauben zukaufen zu müssen, ist schlecht. Wir haben lieber alles in der Hand und wissen so zu jeder Zeit, was los ist“, sagt Krishna P. Chigurupati. Lagern können die Trauben in Eichenfässern, die er extra aus Frankreich importiert hat. „Die Bäume, die für die Fässer verwendet werden, sind mindestens 180 Jahre alt. Wir können die Herkunft jedes einzelnen Baumes nachvollziehen. Das richtige Holz ist wichtig für den späteren Geschmack.“
Das Geheimnis für die Güte seines Weines besteht seiner Meinung nach darin, dass die Trauben länger als gewöhnlich in der Sonne reifen und so ihr volles Aroma und den idealen Säuregehalt entfalten können. Außerdem seien die hohen hygienischen Standards im Weinkeller maßgeblich für den Erfolg.
Ein Geschäft für Leute mit viel Geld
Wer in den Weinbau in Indien einsteigt braucht vor allem zwei Dinge: Kapital und Geduld. Von beiden richtig viel. Das richtige Land zu kaufen, es für den Anbau vorzubereiten, die Rebstöcke zu pflanzen, die Weinkeller zu bauen und fachgerecht zu bestücken, Vertriebswege aufzubauen, Marketing etc. verschlingt Geld.
Nach drei Jahren ist es dann bestenfalls soweit: Die ersten Trauben können geerntet werden. Guten Wein bringen sie jedoch nicht. Nach fünf Jahren sind die Reben so weit, dass man aus ihren Trauben Qualitätswein machen kann. Die ersten Jahre sind ein reines Draufzahlergeschäft. Bisher ist einzig Sula Vineyards – der Marktführer in Indien – profitabel.
Wann kommt der Durchbruch?
Gerade mal 10 ml Wein ist der Pro-Kopf-Verbrauch in Indien. Das sind zwei Teelöffel voll. Bis sich die Massen in Indien für Wein begeistern, ist es noch lange hin.
Es gibt eine erste größere Käufergruppe: Gut verdienende junge Leute zwischen 21-25 Jahren entwickeln Geschmack an Wein und gönnen sich ab und zu ein Glas.
Der Anbau steigt: 2004 wurden 4,7 Millionen Liter Wein in Indien hergestellt, 2010 waren es 13 Millionen Liter. Ein absoluter Spitzenwert, der in den nachfolgenden Jahren nicht erreicht wurde. Seit 2011 pendelt sich der Wert auf 11-11,5 Millionen Liter im Jahr ein. Tendenz steigend.
Um profitabel zu sein, ist der indische Markt zu klein. Deshalb schielen die Newcomer in der Start-up Szene schon auf das Ausland. China könnte in der nächsten Zeit einer der Hauptabnehmer für indische Qualitätsweine werden. Überzeugt vom Potential, das im indischen Weinbau steckt, nehmen immer mehr indische Winzer an internationalen Wein-Messen teil.
„Wir brauchen die Konkurrenz nicht zu fürchten“, meinen sie optimistisch. Um Interesse am Wein zu wecken, haben sich viele etwas einfallen lassen: Sie bieten Ausflüge in die Weinberge an und bieten dort Weinverkostungen an. Das ist Erlebnis und Weingenuss in Indien!
Absolut im Trend: Weinseminare für Manager
Außerdem gibt es immer mehr Firmen in Indien, die ihren Top-Managern Weinseminare in 5-Sterne-Hotels als Bonus anbieten. Unter fachkundiger Anleitung des Someliers lernen sie Basiswissen über den Weinanbau und nebenbei ganz praktisch welcher Wein zu welchem Essen passt. Der Anfang für eine neue Genusskultur.
Seien Sie also nicht überrascht, wenn Ihnen Ihr Geschäftspartner beim nächsten Essen eine Weinlektion erteilt und Sie mit indischem Wein verwöhnt. Auch umgekehrt gilt: Sollten Sie nach einem passenden Geschenk für Ihre Manager suchen, ist so ein Seminar vielleicht ein Volltreffer!
Prosit! Ihre Dr. Simone Rappel
(Umrechnungskurs: 1 Euro = 73 Rupien)