The Indian Footprint – Indiens wachsender Schuhmarkt
The Indian Footprint – Indiens wachsender Schuhmarkt
Bunte Flip-Flops, ausgetretene Plastiksandalen mit Zehensteg, handbestickte Lederschuhe aus dem Punjab im Stil von 1001-Nacht. Glitzernde Pailletten und Perlen sorgfältig als Deko auf den Highheels für die Abendgarderobe und vielleicht noch der Gedanke, dass Schuhe, die wir in Deutschland kaufen, möglicherweise in Indien gefertigt sind – recht viel mehr an Assoziationen kommen uns zu den Stichworten Indien und Schuhe vermutlich nicht. Doch der Schuhmarkt Indiens wächst rasant.
Die Barfußnation holt auf!
25.000 cr (= 31,25 Billionen €) Volumen hat der Schuhmarkt in Indien, bei einem Wachstum von 15% im Jahr. Indien ist nach China der zweit größte Schuhproduzent weltweit. Der Bedarf im eigenen Land ist groß. Entsprechend drängen internationale Marken ins Land und machen den indischen Labels Konkurrenz.
Schon gelernt
Wer in Indien die internationalen Labels kauft, möchte die Modelle der aktuellen Kollektion!
Crocs begann 2002 am Schuhmarkt in Indien und ist eigenen Angaben zufolge seit 2011/2012 jedes Jahr um 200% gewachsen. Verkauft werden die Schuhe hauptsächlich an die Kundschaft der gehobenen Mittelschicht über online-Portale. Nissan Joseph, der für Crocs in Indien verantwortlich ist, sagt, dass der indische Markt die international gängigen Modelle haben möchte.
„Wir sind mit unserer Strategie der Marktanpassung gescheitert. Denn die Kundschaft wollte die Modelle nicht, die wir eigens für Indien designten. Sie wollten die Schuhe, die sie aus Amerika kannten und zwar aus der aktuellen Kollektion. Seit wir das erkannten, sind wir in Indien auf Erfolgskurs. Bald wird Indien unter den TOP 10 unserer wichtigsten Länder sein.“
Die Schuhe von Crocs kosten zwischen 1.400 Rupien (= 17,50 €) und 7.000 Rupien (= 87,50 €). Neben dem online-Handel gibt es derzeit 35 exklusive Crocs Schuhländen. Ihre Anzahl soll bald verdoppelt werden. Außerdem ist Crocs in mehr als 400 Schuhgeschäften erhältlich, die Modelle unterschiedlicher Marken anbieten.
Lernen von den Besten!
Sehr erfolgreich ist das britische Label Clarks. „Wir starten unsere neuen Modelle zeitgleich in allen Ländern. Seit unserem Markteintritt in Indien sind wir erfolgreich. Allein in den letzten 2,5 Jahren haben wir mehr als 400.000 Paar Schuhe verkauft. Unsere Schuhe sind eher klassisch, kein extravaganter Schnickschnack und wir haben etwas weiter geschnittene Modelle, die von indischen Männern gut nachgefragt werden. Unsere Konkurrenz ist eifrig hinterher, unsere halben Nummern zu kopieren, die Teil unseres USPs sind“, sagt S. Ramprasad, CEO von Clarks Future Footwear.
Bisher gibt es 50 Clarks-Stores in Indien. Hauptkunden sind hier die Frauen. „Sie möchten probieren, vergleichen, anschauen. Bestseller in den Geschäften sind bunte Sandalen“, verrät er. Der Kundenservice steht in den Clarks-Outlets an erster Stelle. „Unsere Verkäuferinnen sind geschult. Wir schicken unser Personal aus England nach Indien, damit die indischen KollegInnen jederzeit über die neuesten Modelle und Produktlinien Auskunft geben können. Schließlich soll sich unsere Kundschaft gut beraten wissen.“
Bata India’s footwear hat sich von 1.000 cr (= 1,25 Milliarden €) Umsatz im Jahr 2008 auf 2.000cr (= 2,5 Milliarden €) im Geschäftsjahr 2013/14 verdoppelt. Dazu hat vor allem die Markenbekanntheit beigetragen und die Erweiterung der Produktpalette. Viele Bata-Shops wurden renoviert, haben ein neues Interieur bekommen und führen neben Schuhen nun auch Taschen, Sonnenbrillen, Gürtel und andere Accessoires.
Neben den internationalen Marken etabliert sich eine Vielzahl indischer Produzenten am Schuhmarkt. Ihre Vorteile: günstiger Preis, gute Qualität, Verkauf über den online-Handel und Shops sowie das Wissen um den Indian Footprint.
Frauen und Schuhe
Das lässt die Herzen vieler Frauen der gehobenen Mittelschicht höher schlagen: Sich einige Paar Schuhe bequem nach Hause schicken zu lassen und dort in aller Ruhe zu probieren. Der boomende E-Commerce macht es möglich!
Internethändler wie Myntra und Yepme pushen den Verkauf einheimischer Markenschuhe. Yepme erwartet, dass das online-Portal 2014 etwa 50% des Umsatzes über den Verkauf von Schuhen machen wird. Damenschuhe kosten zwischen 149 und 899 Rupien (= 1,86 und 11,23 €). „Wir verkaufen täglich 5.000 Paar Männerschuhe und 2.000 Paar Damenschuhe“, sagt Mitgründer und CEO Vivek Gaur.
Bequem, gute Qualität, bunt, modisch chic und günstig sollen die Schuhe sein
Prognosen für den Schuhmarkt
Liberty Shoes mit einem Umsatz von 500 cr (= 625 Millionen €) in 2013/14 setzt auf modischen Chic. Täglich werden 50.000 Paare Schuhe verkauft. Das macht 11,5 Millionen verkaufte Paar Schuhe. Bei 1,2 Milliarden Indern ist da noch Luft nach oben. Jedes Jahr werden 50 neue Geschäfte eröffnet. Für die Geschäfte hat sich Liberty etwas Besonderes einfallen lassen: Sie duften nach weißem Tee mit Ingwer und Fruchtgeschmack. „Das überdeckt den Ledergeruch, den viele unserer Kunden nicht mögen. Außerdem regen Aromen die Sinne an und beeinflussen Gefühle“, bemerkt CEO Adesh Gupta.
Reliance Footprint möchte die Nummer 1 in Indien werden. Dazu setzt das 2007 gestartete Unternehmen vor allem auf Schuhgeschäfte. In 165 Läden, die verschiedene Marken anbieten, gibt es die günstigen Schuhe. 174 Läden verkaufen ausschließlich Reliance Footprint-Schuhe.
„Unser Ziel ist es, jedes Jahr 50 neue Geschäfte zu eröffnen. Außerdem verkaufen wir zu einem günstigen Preis. Unsere Modelle kosten 15-20% weniger als die der Konkurrenz. Unsere Zielgruppe sind die Käufer, die einen guten, komfortablen und modischen Schuh zu einem günstigen Preis haben wollen. Wir rechnen damit, dass wir jedes Jahr um 40-50% zulegen“, sagt CEO Gopalkrishnan Shankar zuversichtlich.
Angst, dass seine Wachstumsstrategie nicht aufgehen könnte, hat er nicht. Denn er sieht einen ganz gewaltigen Vorteil der indischen gegenüber den internationalen Marken: „We have the Indian Footprint!“
Tipp aus meinem interkulturellen Training Indien: Sie sollten bei all Ihren Verhandlungen sehr genau prüfen, ob dieses spezielle Marktwissen tatsächlich in aller Tiefe bei möglichen Geschäftspartnern vorhanden ist. Wie das geht, lesen Sie im folgenden Beitrag.
Viel Erfolg wünscht Ihnen Dr. Simone Rappel.